Die Kunst, Gäste zu begeistern
Der Verein Gastlichkeit in Südtirol hat in Zusammenarbeit mit der HGV-Unternehmensberatung eine neue Artikelserie zum Thema „Service Excellence“ ausgearbeitet. Dies ist Teil 1 von 5.
In keiner anderen Branche gibt es so viele Möglichkeiten, Menschen glücklich zu machen wie in der Hotellerie und Gastronomie. Menschen definieren ihren Urlaub meist als die schönste Zeit im Jahr und die verbringen sie oftmals im Hotel. Aus diesem Grund sollte man die Erwartungen seiner Gäste erfüllen und bestenfalls übertreffen. Jeder ist selber Gast und kennt das Gefühl, wenn alles gut war, wenn man begeistert nach Hause fährt und seinen Bekannten und Freunden das Hotel weiterempfiehlt. Dabei spielen Faktoren wie das geräumige Zimmer, der Wellnessbereich und das gute Essen eine Rolle. Wenn man jedoch ehrlich ist, sind es die Begegnungen mit Menschen, welche einen Urlaub besonders machen. Das freundliche Gespräch am Morgen mit der Servierfachkraft, die Rezeptionistin, die immer einen besonderen Tipp gibt, und die ausgezeichneten Weinempfehlungen des Sommeliers. Das sind die Themen, welche die Servicequalität steigern und das Hotel von anderen abhebt. Servicequalität gibt es seit es Hotel- bzw. Gastronomiebetriebe gibt. Ausgehend von den Grand Hotels zur Jahrhundertwende, wo Gäste aus der mondänen Gesellschaft logierten, beansprucht sie heutzutage jeder Gast für sich. Die breite Masse ist anspruchsvoller geworden. In einer zunehmend individualisierten Gesellschaft wünscht sich jeder besonders und höchstpersönlich behandelt zu wer-den. Dies bedeutet viel Arbeit, birgt gleichzeitig aber große Chancen.
Gästebedürfnisse im Wandel der Zeit In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die Bedürfnisse der Gäste rasant verändert. Waren es nach dem Krieg noch das fließende und warme Wasser auf dem Zimmer, sind es heutzutage Bedürfnisse wie Wertschätzung und Selbstverwirklichung. Wir sind in der Bedürfnishierarchie, welche vom Psychologen Abraham Maslow in den Nachkriegsjahren aufgestellt worden ist, ganz oben angekommen. Grundbedürfnisse wie Essen und Trinken, Sicherheits- und soziale Bedürfnisse gehören heutzutage zum Standard. Die neue Generation der Gäste strebt höheres an. Dementsprechend muss sich auch der Hotelier in seinen Serviceleistungen darauf einstellen. Eine Guest History, sprich eine Aufzeichnung der Gästegewohnheiten, kann dabei sehr hilfreich sein. Wenn bekannt ist, dass ein Gast immer nach einem Zusatzkissen fragt, kann ihm dieses unaufgefordert vor seiner Anreise ins Zimmer gebracht werden. Eine kleine Geste mit großem Effekt.
Gegentrend zur Digitalisierung Das Thema der Digitalisierung eröffnet weitere Chancen. Die Abläufe des täglichen Lebens finden vermehrt in virtuellen Räumen statt. Aus diesem Grund sehnt sich der Mensch zunehmend nach Begegnungen und Gesprächen mit reellen Menschen. Ein professioneller Check-in muss heute nicht mehr zwangsweise von einer Rezeptionistin abgewickelt werden. Deshalb gilt es sich zu überlegen, welche Aufgaben die Rezeptionistin im Frontoffice übernehmen kann. Beispielsweise kann ihr die Rolle eines Urlaubs-Coaches zugesprochen werden, welcher sich um die Belange des Gastes bis ins letzte Detail kümmert. Eines ist sicher, Service Excellence setzt man als Hotelier nicht alleine um. Dafür wird das ganze Mitarbeiter-Team benötigt. Es empfiehlt sich, die einzelnen Kontaktpunkte zwischen Mitarbeitern und Gästen klar zu durchleuchten. Wer spricht mit wem wie worüber? Diese Frage muss vom Unternehmer beantwortet werden, um in Folge an sein Mitarbeiterteam bzw. die einzelnen Bereichsleiter vermittelt zu werden.
Klare Ausrichtung des Betriebes Ein Konzept und eine klare Ausrichtung des Hotelbetriebes sind hierfür die Basis. Mit einer formulierten Idee des eigenen Produkts gibt es mit Sicherheit auch eine Gästezielgruppe, mit der man dementsprechend kommuniziert. Ein Hotel, welches sich z. B. im Segment der jungen, hippen und sportlichen Gäste aufhält, kommuniziert mit diesen anders als ein Haus, welches auf Historie, Tradition und Niveau wert legt. Dementsprechend muss auch das Mitarbeiter-Team gebrieft und geschult werden.
Im Auftaktartikel dieser Serie geht es um die Bedürfnisse der Gäste im Wandel. In der nächsten Ausgabe geht es darum, den Mitarbeiter von heute bzw. morgen näher zu beleuchten. Es gilt zu verstehen, mit welchen Wertvorstellungen er eine Aufgabe bewältigt und wie er von seinen Vorgesetzten motiviert werden kann.
(Text: Dr. Edith Oberhofer)
Auf den Punkt gebracht
- Der Gast sehnt sich mehr denn je nach reellen Begegnungen im Hotel.
- Jeder Mitarbeiter muss im Bereich Gästeumgang geschult und gebrieft werden.
- Eine Guest History ist eine Möglichkeit, Gästeerwartungen bestmöglich zu erfüllen.
- Die Servicequalität bietet eine Möglichkeit, sich von seinen Mitbewerbern abzuheben.
Bild: Die Maslowsche Bedürfnispyramide ist ein Modell, das die menschlichen Bedürfnisse beschreibt.