Servicealltag 18.12.2020

Drei Sterne für den Service

Der Südtiroler Christian Rainer gewinnt ersten Michelin Service Award

Erstmals vergab der renommierte Guide Michelin eine Auszeichnung nicht nur für exzellente Küche, sondern auch für herausragenden Service und verleiht damit einer ganzen Berufsgruppe endlich die verdiente Aufmerksamkeit.

Doppelter Grund zur Freude ist es, dass der erste Preisträger des Michelin World`s Best Service Award ein Südtiroler ist, der gebürtige Meraner Christian Rainer. Gastlichkeit in Südtirol hat sich mit dem sympathischen Maître unterhalten. Entstanden ist das Portrait eines Mannes, der den Service im Blut und die Gastfreundschaft im Herzen trägt.

Aufgewachsen zwischen Kochtöpfen und Weinflaschen im familiengeführten Hotel „Goldenes Kreuz“ (heute Tonzhaus) im Schnalstal, sammelte Rainer seine ersten Erfahrungen im Grand Hotel Palace in Meran. Später verschlägt es ihn nach Deutschland und Frankreich, wo er als Commis Sommelier in verschiedenen Michelin Sterne-Restaurants und Hotels wie im Luxury - Leading Hotel of the World Königshof in München und dem damaligen drei Sterne Michelin Restaurant Auberge de I’Ill in IIIhausern tätig war. Aufgrund seinen ausgeprägten Management-Fähigkeiten und seinen sozialen Kompetenzen nähert er sich später immer mehr dem Beruf des Maître Sommelier an. Ab dem Jahr 2000 ist er Restaurant Direktor und Leiter der Brigade des mit 3 Sternen ausgezeichneten Michelin-Restaurants St. Hubertus in St. Kassian, dem Aushängeschild des Hotel Rosalpina. Dank seiner hervorragenden Ausbildung widmet er sich auch beraterischen Aufgaben und ist Jurymitglied bei verschiedenen nationalen Wettbewerben für Service- und Restaurantmanager. Des Weiteren pflegt Rainer eine der großen Leidenschaften seines Lebens, den Wein, und wird 2015 zum Gewinner und Träger des Weinkulturpreises gekürt. Die gegenseitige Wertschätzung und die große Freundschaft, die Rainer mit Chefkoch Peter Brunel verbindet, haben ihn schließlich dazu veranlasst, an einem neuen trendigen und innovativen Projekt am Gardasee mitzuwirken, dem Michelin-Sterne Restaurant PB Gourmet, wo er seit kurzem als Maître die Gäste willkommen heißt.

Auf die Frage, was er an seinem Beruf liebe, nennt Rainer die Eigenverantwortung und die Abwechslung: Es handele sich um eine sehr verantwortungsvolle Position, denn ein großer Teil des Erfolgs eines Restaurants ist auf die Fähigkeiten des Serviceleiters und seine Entscheidungen zurückzuführen. Auch sei die Tätigkeit höchst abwechslungsreich, betriebswirtschaftliche Führung, Personalleitung, Warenwirtschaft, Marketing, Kundenbeziehungen, alles in einem dynamischen Kontext. „Die Leitung eines Gastronomiebetriebs ist eine herausfordernde Unternehmung, die gleichzeitig aber auch hohe berufliche Zufriedenheit mit sich bringt“, findet Rainer.

Herzlicher Service mit Feingefühl

Was macht den Service von Christian Rainer aus? „Feingefühl“, fasst es Rainer in einem Wort zusammen. In mehreren Worten ausgedrückt kommen noch Herzlichkeit, Liebe zum Detail, eine elegante Art, das Einzigartig-Unvergleichbare, Gastfreundschaft und … Bodenständigkeit dazu. In erster Linie gehe es um die Beziehung zu den Gästen. „Insbesondere die Stammgäste sind das wahre Vermögen eines Restaurants. Deshalb ist extrem wichtig ihre Bedürfnisse auszuloten, psychologisch jeden Gast gleich einzuschätzen, optimal zu empfangen und zu bedienen“, so Rainers Credo. Rainer sieht sich im wahrsten Sinne des Wortes als Diener seiner Gäste. Er versetzt sich in den Gast am Tisch hinein und versucht, jede Kleinigkeit vorauszuahnen, für den Gast da zu sein, einen Rund-um Service zu bieten bis hin zum Putzen dessen Brille. Gleich wichtig wie der Empfang sei aber auch die persönliche Verabschiedung und das Bedanken beim Gast. Beschwerden eines unzufriedenen Kunden müssen rasch behoben werden. Hier sei es wichtig, sich dem Problem zu stellen und dafür zu sorgen, dass es sich nicht negativ auf das Restaurant und seinen Ruf auswirkt.

Tausendsassa mit Führungsqualitäten

Wer das Servicepersonal immer noch mit Tellertaxis gleichsetzt, hat weit gefehlt. Dahinter steckt unendlich viel mehr. Ein Maître hat “Head-Funktion” für das gesamte Restaurant-Team: Er motiviert die Mitarbeiter, die Umsatzziele zu erreichen und kümmert sich um die Personalführung. Als Betriebsleiter Gastronomie muss er sicherstellen, dass eine ausreichende Anzahl an Mitarbeitern für einen reibungslosen Ablauf in Küche und Speisesaal vorhanden ist. Apropos Mitarbeiter: „Die Auswahl der Mitarbeiter ist das A und O, das funktioniert wie in einer Fußballmannschaft. One Team, one Goal!“, ist Rainer überzeugt. Weiterbildungsmöglichkeiten der Restaurantcrew seien hier sehr wichtig. Neue Mitarbeiter müssen zu den spezifischen Regeln und Verfahren des Restaurants eingewiesen, Schulungen und Weiterbildungen organisiert werden, um die Professionalität des gesamten Teams zu fördern. Neben der Mitarbeiterführung gehört auch die Budgetverwaltung zu seinen Aufgaben, genauso wie die Abstimmung des Menüs mit dem Koch und die Weinbegleitung, sowie das Festlegen der Preise. „Konkret gesagt, schauen dass die Einkünfte ausreichen, um die Konten des Restaurants im schwarzen Bereich zu halten.“ Dafür bestimmt er die wirksamsten Up-Selling- und Cross-Selling-Aktivitäten, um den Profit des Restaurants zu erhöhen und unterweist das zuständige Personal in ihrer Umsetzung, z. B. im Verkauf von Wein, Getränken und Gerichten. Ebenso wichtig sei auch die Rolle des Maîtres in der Planung und Umsetzung von Marketing- und Kommunikationsstrategien, um neue Kunden zu gewinnen und das eigene Gastronomie-Angebot im Vergleich zu der Konkurrenz zu differenzieren. „Wichtig, die acht Buchstaben immer im Hinterkopf halten: Qualität!“

Herz und Respekt

„Mir gefällt auch das Schwierige an diesen Beruf. Meine Arbeitszeiten sind anstrengend, denn normalerweise ist meine Anwesenheit über die gesamte Öffnungsdauer hin erforderlich. Aus diesem Grund arbeite ich häufig abends, an den Wochenenden und den Feiertagen. Der Beruf kann auch stressig sein und verlangt aufgrund der hohen Verantwortung und der Vielzahl an gleichzeitig anfallenden Aufgaben viel Energie und Engagement. Aber es kommt alles von Herzen, das ist sehr wichtig.“ Herz und Respekt sind laut Rainer die wichtigsten Eigenschaften, die eine Servicefachkraft mitbringen muss, alles andere könne man lernen. Und hier blickt Rainer zuversichtlich in die Zukunft. Das Interesse der Nachwuchskräfte sei vorhanden, die Arbeit der Fachschulen bewundernswert. „Ich sehe es gibt in den letzten Jahren auch wieder mehr Nachfrage für den Serviceberuf, toll, das dürfen wir jetzt nicht verschlafen, sondern müssen diese Situation beim Schopf packen!“

Der Wind dreht endlich

Der Michelin Service Award ist ein starkes Zeichen für die Relevanz des Service, der leider immer noch unterbewertet ist, aber doch „höchstwichtig“, so Rainer. Der Service mache 52 % Prozent vom Ganzen aus, denn „isst man einmal nicht so gut kommt man doch wieder ins Restaurant zurück, wird man jedoch im Service schlecht behandelt, kommt der Gast sicher nicht mehr“, weiß Rainer. Der Guide Michelin hat mit der Vergabe des ersten World’s Best Service Award daher ein starkes Zeichen gesetzt, der Wind aus dieser neuen Richtung ist stark spürbar. Mit der Auszeichnung von Michelin, dem weltweit besten Hotel- und Restaurantführer geht für Rainer ein lang gehegter Traum in Erfüllung. Der Weg bis an die Spitze war lang, die Beobachtung der Besten geht über Jahrzehnte, bevor eine solche Auszeichnung verliehen wird. „Diese weltweite spezielle und wirklich einzigartige Auszeichnung bedeutet nicht nur mir sehr viel, zahlreiche Spitzen-Servicekräfte arbeiten jahrelang konstant sehr hart und träumen von solch einer Topauszeichnung, für mich ist es mindestens, als ob ich die Champions League gewonnen hätte.“

Wunsch für die Zukunft

Doch Christian Rainer wäre nicht Christian Rainer, wenn sein Wunsch für die Zukunft nicht den Erfolg seiner Nachwuchskräfte und der gesamten Branche einschließen würde: „Jungen Leuten, welche Herz und Respekt haben, eine bestmögliche Ausbildung zu verschaffen, um solche einzigartigen Erfolge wie zur Zeit meiner bald möglichst bei anderen miterleben zu dürfen.“