Auslandsjahrbericht von Servicefachkraft Barbara Golser
Barbara Golser ist ausgebildete Servicefachkraft aus Ritten und macht zurzeit ein Auslandsjahr in Napa Valley, Kalifornien, im Resort Meadowood. Barbara arbeitet im Resort mit einigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die bereits in Südtirol gearbeitet haben oder als Gäste Südtirol kennen und bereits bereist haben. Im Folgenden schildert sie ihre Auslandserfahrungen und zeigt auf, wie viele Chancen und Karrieremöglichkeiten der Serviceberuf mit sich bringt.
“Where is your accent from?” Werde ich so ziemlich an jedem Tisch im Restaurant Forum in Kalifornien gefragt. Ich lasse sie raten und viele denken ich sei aus Frankreich, Belgien oder sogar aus Estland. Wenn ich dann erkläre, dass ich aus Italien bin, sehe ich erst einmal ein paar verwunderte Blicke, denn typisches Aussehen, Körpersprache und Akzent sind anders. Darauf erkläre ich genauer, dass ich vom Norden bin und Deutsch meine Muttersprache ist. Milano, Venezia, Lake Como, Lake Garda, Dolomites, Badia ist den meisten meiner Gäste ein Begriff und während sie davon erzählen strahlen ihre Gesichter. Dank meines Abschlusses an der Höheren Hotelfachschule in Meran und Arbeitserfahrung im Parkhotel Laurin in Bozen wurde mir das J-1 Visa, also die Möglichkeit zu einem kulturellen Auslandsjahr, genehmigt. Mein Visasponsor ist Meadowood. Ein 36 Suite-Resort mit 5 Tennisplätzen, 3 Pools und einem 5-köpfiges Concierge-Team. Vor dem Wildbrand im Jahr 2020 hatte das Resort 106 Wohneinheiten verstreut über das ganze Gelände (was ca. 170 Hektar).
Um sich innerhalb des Resorts zu bewegen, werden „Golfcars” zur Verfügung gestellt. Den Gästen wird immer eine Fahrgelegenheit angeboten oder es könnte auch passieren, dass ein Hotelgast mit dem eigenen Auto zum Restaurant in der Resortanlage fährt, oder vom „Inroomdining”das Essen aufs Zimmer bestellt. So ist es auch schon passiert, dass ich Antinori, ein Weinrevolutionär der italienischen Weinkultur, sein Abendessen auf sein Zimmer gebracht habe. Galloni, ein weltbekannter Weinkritiker, hatte bei uns im Restaurant gespeist und Casha, ein Popstar, den Poolservice genossen.
Zu meinen weiteren herausragenden Momenten zählt wohl das Trinkgeld. Amerikaner wissen Service sehr zu schätzen. Das zeigen sie anhand des Trinkgeldes (das normal 20 Prozent der Rechnung beträgt und durchaus schon mal 1000 Dollar sein kann) aber auch durch Gesten, indem sie beim Verlassen des Restaurants sich persönlich beim Kellner bedanken. Warum? Das Essen ist hier das Event. In Amerika ist alles sehr weit voneinander entfernt und das führt dazu, dass in Theatern, Einkaufsstraßen, Schulen und Büros weniger Bars und Restaurants, sondern mehr Großketten zu finden sind. Das Klientel wird meistens “to-go” bedient. Ein Restaurantbesuch dauert hier meistens mehrere Stunden, da man sich schließlich zum Essen verabredet. Das spiegelt sich wider in den Öffnungszeiten der Restaurants. Die meisten öffnen gegen 10:30 Uhr und schließen gegen 21 Uhr abends richtig, ohne Nachmittagspause, denn hier gibt es keine festen Essenszeiten.
Das gestaltet den Serviceberuf attraktiv, denn jeder arbeitet 8 Stunden durchgehend mit 2 freien Tagen. Der Vertrag basiert auf Stunden, versichert bin ich durch die Agentur. Wasserservice ist hier gratis, denn laut Gastgeberphilosophie gehört das zu einer guten Bewirtung. In Kalifornien hat es sich eingebürgert, dass die Gäste ihren eigenen Wein mit ins Restaurant bringen. Denn hier wohnen sehr viele Kellereibesitzer, die gerne ihre Weine ausschenken. Aber nicht mehr als zwei Flaschen pro Reservierung und mit “Corkage Fee” (sog. Korkengeld), die in jedem Restaurant anders berechnet wird. Flausen oder nennen wir es andere Gewohnheiten der Gäste sind z.B., dass Vorspeisen und Hauptspeisen nicht anfangs auf einmal bestellt werden. Und sollte auch nur ein Bissen im Teller übrig sein, möchten sie diesen anschließend mitnehmen.
Als Mitarbeiterin werde ich mich wohl nie an die Mayonnaise-Nudeln mit Plastikbesteck in der Cafeteria gewöhnen, aber ich bin sehr dankbar die Hilfe des Resorts, wenn es um Wohnungssuche, Bürokratie und anderen Kleinigkeiten geht. Das Vorstellungsgespräch habe ich auf Italienisch und Deutsch geführt, denn der F&B-Director Chris Ardu, kommt vom Gardasee. Director of the Winecenter ist Sarah Bray, die einen Teil ihrer Karriere in Südtirol gemacht hat. Philipe, ein Gehilfe der Kellerei Reserva ist Teil von Meadowood und war in der Kellerei Andrian tätig. Die Kellerei befindet sich direkt neben dem Resort und ist nur für Mitglieder zugänglich die etwa 195.000 Dollar Mitgliedsbeitrag im Jahr bezahlen.
In der Getränkekarte finden wir den Teroldego von Forradori und Amari, wie Sfumato, Pasubio und Elisir Novasalus aus Trentino-Alto Adige. Das Serviceteam bekommt jede Woche „Spirit-und Servicetrainings“, und so hatte ich auch schon das Vergnügen, an Clase Azul, Whiskey und Screaming Eagle Verkostungen dabei zu sein. Beim Servicetraining wird Augenmerk auf die Forbes-Standards gelegt, denn Meadowood möchte Teil der Luxuskategorie bleiben. So werden zum Beispiel während der Trainings Zitronen ausgeteilt. Die Aufgabe besteht darin die Merkmale der Zitrone zu lernen und später, wenn alle Zitronen eingesammelt werden, jene von den gesamten Zitronen unterscheiden zu können. Dieses Konzept solle man dann auf die Gäste übertragen und Gäste und deren Geschmack „kennenlernen“ und somit den Service individualisieren, um eine wohlige Erfahrung zu generieren. Denn neben Fachkenntnissen wird auch individuell angestimmter Service von Forbes getestet.
Zu meinen persönlichen Highlights in dieser Zeit gehört der Wochenendtrip nach Los Angeles und San Francisco, Kurzausflüge und Kellereibesichtigungen, der wöchentliche Bauernmarkt, wo es sehr besondere Gemüsearten gibt, wie Bohnenblätter als Salat oder Meyer Lemon, eine süße Zitrone, junge Mandeln etc., der Besuch meiner Eltern und vieles mehr.
Wie meine Zukunft aussehen wird, ist noch unklar. Dank der vielen internationalen Kontakte von Meadowood haben sich viele Türen geöffnet. Durch welche ich gehen werde, werde ich zu gegebener Zeit entscheiden und dorthin nehme ich meinen Akzent mit.
Barbara Golser